Für Menschlichkeit und Würde

Aktuelles aus dem Verein, dem Sozialrecht und der Behindertenpolitik

 

Liebe Besucher,

hier lesen Sie interessante Nachrichten aus unserem Verein, Pressemitteilungen und Meldungen aus der aktuellen Sozialpolitik und sozialrechtliche Entscheidungen, die für Menschen mit und ohne Behinderung von Interesse sind.

 

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Anforderungen an die medizinische Begründetheit bei Kindergeldanspruch im Erwachsenenalter

Ist ein Kind aufgrund einer vor dem 25. Lebensjahr eingetretenen chronischen Erkrankung oder Behinderung nicht in der Lage, einer wirtschaftlich verwertbaren Arbeit nachzugehen - und dadurch den eigenen Lebensunterhalt sicherzustellen, so besteht unter bestimmten Voraussetzungen auch über die Altersgrenze und das Ende der Ausbildung hinweg ein Anspruch auf Weiterzahlung des Kindergeldes an die Eltern. Um diesen auch entsprechend durchsetzen zu können, bedarf es gegenüber der Familienkasse einer plausiblen Darlegung der medizinischen Begründetheit. Diese kann beispielsweise durch das Vorlegen einer ärztlichen Attestierung erbracht werden, aus der die jeweilige Krankheit des Kindes, der Beginn und das Ausmaß der damit einhergehenden Funktionsstörungen und möglichen Teilhabebeeinträchtigungen am Alltag und beruflichen Leben konkretisiert hervorgehen. Entgegen anderslautender Anforderungen ist darin jedoch nicht der Nachweis einer etwaigen Behinderung zu erbringen. Diese Einstufung obliegt am Ende im Zweifel der Judikative, entschied nun aktuell das Finanzgericht Hamburg in einem Urteil. Auch müsse nicht zwingend ein Schwerbehindertenausweis als Nachweis vorliegen. Stattdessen brauche es eine für den Einzelfall hinreichende Entscheidungsgrundlage für den Sozialmedizinischen Dienst bei den Kindergeldbehörden, die allerdings individuell jeweils anders aussehen könne. Entscheidend sei, dass sich die Familienkasse ein Bild davon machen könne, inwieweit das Kind noch in der Lage dazu ist, unter den gewöhnlichen Bedingungen des Arbeitsmarktes ein auskömmliches Einkommen zur Sicherstellung des Daseins erzielen zu können. Auch die entsprechenden Voraussetzungen zum Vorliegen einer Erwerbsminderungsrente sind nicht obligatorisch zu erfüllen oder bei der Abwägung anzuwenden. Es komme lediglich darauf an, dass sich im Zweifel auch ein Gericht Eindruck darüber verschaffen könne, ob eine Behinderung im Sinne des hierfür anzuwendenden Gesetzes gegeben ist.

Autor: Dennis Riehle, Sozialberater

Quelle: Urteil Finanzgericht Hamburg vom 12.10.2023, veröffentlicht am 05.01.2024

 

Vermutung über Benachteiligung bedarf keiner konkreten Anhaltspunkte

Die Nichteinbeziehung des Betriebsrates in einem Unternehmen bei Entscheidungen über einen schwerbehinderten Arbeitnehmer ist stets ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Entsprechend entstehen mögliche Entschädigungsansprüche, sobald ein Bewerber oder Mitarbeiter die Vermutung über einen Verstoß gegen die Verfahrens- und Förderpflichten durch einen Vorgesetzten hegt. Hat die als

schwerbehindert anerkannte oder mit dieser gleichgestellte Person keinen Einblick in die entsprechenden Abläufe innerhalb eines Betriebes, genügt zur Ingangsetzung eines rechtlichen Überprüfungsverfahrens möglicher Versäumnisse die Annahme hierüber. Der sich im Unrecht fühlende Jobanwärter oder Beschäftigte muss regelmäßig keine konkreten Anhaltspunkte vorbringen, um die Überzeugungen entsprechen zu beweisen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung unterstrichen und damit die Rechte von (schwer-)behinderten Menschen gegenüber dem Chef gestärkt. Es obliegt sodann dem Beklagten, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu widerlegen. Insbesondere hat er darzulegen, dass es nicht vornehmlich die (Schwer-)Behinderteneigenschaft war, die zu einer ungünstigen Entscheidung oder nachrangingen Berücksichtigung des betroffenen Arbeitnehmers oder Bewerbers geführt hat.

Autor: Dennis Riehle, Sozialberater

Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.06.2023 (veröffentlicht am 19.09.2023), Az.: 8 AZR 136/22

 

Verein Humanitas-Müritz verliert seine Begegnungsstätte

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Das bedeutet das Sterben der Schloener Online Füchse!“

Entsetzen herrscht beim Verein Humanitas-Müritz e.V. - und das blanke Unverständnis über eine Entscheidung der Gemeinde Schloen-Dratow. Nach über zwölfjähriger Nutzung der Begegnungsstätte wurde einer Verlängerung des Mietverhältnisses für das Gutshaus in Neu Schoen ausdrücklich widersprochen. Entsprechend hatten sich auch die politischen Gremien positioniert - und selbst vom neuen Bürgermeister erhielt der Verein in dieser Angelegenheit nur wenig Unterstützung. Wie der vereinsvorsitzende, Klaus Heidrich, entsprechend mitteilt, sei das Desinteresse an einem Fortbestand der Zusammenarbeit offensichtlich gewesen. Und das nach einer sehr langwierigen Kooperation, während der man sich ein vertrauensvolles Verhältnis zueinander aufgebaut hatte.

"Große Enttäuschung und ein Kopfschütteln bleiben bei uns zurück", sagt Heidrich, der in der Sache nunmehr auch Bundestags- und Landtagsabgeordnete eingeschaltet hat. Denn der angesehene Verein leistet in der Region einen erheblichen Mehrwert, für Inklusion und Solidarität. Sein Hauptaugenmerk richtet sich auf behinderte Menschen und Senioren, denen er ein umfassendes Serviceangebot macht. So verfügt "Humanitas-Müritz" über viele Dienstleistungen für all jene, die insbesondere in der Gestaltung des Alltags, beim Finden und dem Aufrechthalten von Kontakten und der Teilhabe Hilfe bedürfen. "Neben Gesprächs- und Vortragsreihen mit Politikern, Experten und fachkundigen Personen zu Gesundheitsthemen und den politischen Herausforderungen mit Blick auf Inklusion, Barrierefreiheit und soziale Gerechtigkeit gibt es weiterhin verschiedene Computerkurse der 'Schloener Online Füchse' speziell für die ältere Generation - da wir auch als Standort des DigitalPaktAlter der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen anerkannt sind".

Des Weiteren finden sich Englisch- und Spanischlernen, zwei begleitende Selbsthilfegruppen, Austausch mit anderen und überregionalen Behindertenverbänden, Bewegung und Tanz, digitale Freundschaftstreffen, Gesundheits-, Sozial- und Psychologische Beratung sowie Hilfestellung bei Computerabzocke und zu Angelegenheiten der Grundsteuer sowie das Zusammenkommen für Menschen mit einer depressiven Erkrankung im Programm des vielschichtig aufgestellten Vereins. Man sei eine wichtige Institution in der Region geworden, mit der nun sehr unsanft umgegangen werde. Zwar habe man den Verein frühzeitig über die Pläne informiert und ihm zwischenzeitlich auch angeboten, nach einer Sanierung und Renovierung des Gutshauses weiterhin Räume für eine zeitweiligen kostenlosen Nutzung nach Abspreche zur Verfügung zu stellen. Allerdings genüge dies für das vielfältige Aufgabenspektrum nicht, argumentiert Heidrich in seiner aktuellen Stellungnahme.

Überdies sei man entrüstet über den Umgang mit einem selbstlos ehrenamtlich arbeitenden Partner, der sich im besten bürgerschaftlichen Sinne für die Gesellschaft einbringt und dem nun plötzlich Knüppel und Steine in den Weg gelegt werden. "Wir wollen gemeinsam gegen diese Entscheidung protestieren", fügt Klaus Heinrich an - zumal "Humanitas-Müritz" keine Möglichkeit gegeben worden ist, sich zur anstehenden Veränderung zu äußern. Eine Unterredung wurde aufgrund von Differenzen abgebrochen, da man sich in die Enge gedrängt gefühlt hat. "Man hat uns letztlich auflaufen lassen und mit einer neuen Sachlage konfrontiert, die für unseren Verein das Ende wesentlicher Aktivität bedeutet. Das können wir so nicht hinnehmen und halten die von der Gemeinde vorgeschobenen Gründe wenig glaubwürdig", argumentiert Klaus Heidrich bezüglich der dargelegten Umstände.

Es wird davon gesprochen, dass das Gutshaus aufgrund eines Wasserschadens umfangreich renoviert werden muss. Schlussendlich hat der aktuelle Bürgermeister im Gegensatz zu seinem Vorgänger jedoch keinerlei Bereitschaft zu ergebnisoffenen Gesprächen erkennen lassen - oder sich bereit erklärt, am aktuellen Zustand festzuhalten. Der Verein wehrt sich gegen Vorwürfe von Seiten der Gemeinde, Verabredungen aus dem Mietvertrag seien nicht pünktlich eingehalten worden - beispielsweise mit Blick auf Sauberkeit, Ordnung und kleinere Reparaturen. Auch die Malchower Landtagsabgeordnete Elke-Annette Schmidt der Partei DIE LINKE versucht, zu vermitteln. Sie wäre auch bereit, ihr Bürgerbüro für einige Stunden zur Verfügung zu stellen, da zahlreiche Teilnehmer an den Vereinsveranstaltungen aus Waren kämen. Wie sich die Sache nun weiterentwickelt, scheint angesichts der festgefahrenen Situation aber ungewiss. Heidrich führt dennoch abschließend aus: "Wir hoffen, dass den Verantwortlichen noch bewusst werden wird, welchen hohen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt unser Verein leistet und dass man nach einem so langen und guten Miteinander eine derartige Kooperation nicht eigennützig und ohne jede Weitsicht beendet!".

 

Digitalisierung für alle Altersgruppen: Senioren lernen Umgang mit Tablets

Getreu dem Motto "Man ist nie zu alt, um Neues zu lernen" haben sich 10 Senioren zusammengefunden um mehr über den Umgang mit Tablets zu erlernen. Die Schulung, die speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnitten war, fand im Verein Humanitas-Müritz e.V. statt und war ein großer Erfolg.

Wir haben die wachsende Bedeutung digitaler Technologien und die Möglichkeiten, die sie für Menschen jeden Alters bieten kann erkannt. Es ist wichtig dass die ältere Generation nicht von den Vorteilen und Chancen der Technologie ausgeschlossen wird. Daher entschieden wir uns gemeinsam mit der Telekom diese maßgeschneiderte Schulung anzubieten.

In einer freundlichen und unterstützenden Umgebung wurden den Senioren jegliche Ängste oder Vorbehalte gegenüber der Technologie genommen. Die Teilnehmer wurden von erfahrenen Trainern geduldig und einfühlsam und auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehend betreut.

Die Schulung begann mit grundlegenden Themen wie dem Einschalten des Tablets, der Bedienung des Touchscreens und dem Verständnis der verschiedenen Symbole und Apps.

 

Eine sehbehinderte Frau schreibt ein Buch

Der Wunsch einer älteren Dame, ein Buch trotz einer Sehschädigung zu schreiben, war für mich keine Herausforderung. Sie wandte sich an mich und bat um Hilfe. Diesem Wusch konnte ich ihr mit Hilfe der digitalen Möglichkeiten erfüllen. Ein Laptop war vorhanden und – wie man sieht – auch ein Fernseher als Hilfsmittel. Nach entsprechender Einstellung der notwendigen Funktionen, konnte sie dem Laptop ihr Buch diktieren und dieser das gesprochene Wort dann in Schrift umwandeln. Unser Verein „Humanitas Müritz e.V.“ hilft Menschen mit Behinderungen und Senioren, die digitalen Möglichkeiten für ihr tägliches Leben zu nutzen. Ab einem gewissen Alter ist es schwierig, Museen zu besuchen, in Konzerte zu gehen oder sich in Gemäldegalerien an alten Meistern zu erfreuen. Das ist aber digital möglich. Dafür bleibe es aber notwendig, sich mit diesen Möglichkeiten beizeiten zu beschäftigen. Bei uns bekommen alle Interessierte ein Hilfe.

 

Aktionstag für Menschen mit Behinderung am 05.05.2023

Anlässlich des Aktionstages für Menschen mit Behinderungen am 05. Mai 2023 veranstaltete der Verein Humanitas-Müritz e.V. ein Onlinetreffen mit den Landesvorsitzenden aus Bayern und Thüringen des Deutschen Schwerhörigenbundes e.V., Werner Hagedorn und Jens Elschner. Weiterhin war Rosemarie Schmidt dabei, Vertreterin aus Thüringen. Das Treffen war der Beginn einer Zusammenarbeit, die uns mit anderen Formen der Behinderung vertraut machen sollte. Auch ist der Deutschen Schwerhörigenbund e.V. Mitglied im „Digital Kompass“. Wir tauschten uns über die Ursachen von Schwerhörigkeit aus und berichteten und gegenseitig aus der Arbeit unserer Verbände. Der Wunsch aller Beteiligten war es, dass wir uns auch einmal persönlich kennenlernen, um unser Miteinander zu intensivieren.

 

 

Assistenzleistungen müssen stets Vorrang vor rechtlicher Betreuung haben!

„In Deutschland wird zu schnell eine rechtliche Betreuung eingesetzt, statt zunächst auf Assistenzleistungen zu bauen und damit die Selbstbestimmtheit von Menschen mit Krankheit oder Behinderung zu stärken!“ – Mit diesen deutlichen Worten macht der Leiter der ehrenamtlichen Anlaufstelle „Beratung mit Handicap“, Dennis Riehle (Konstanz), auf einen Missstand deutlich, der immer wieder zu Beschwerden Betroffener führt und die Betreuungsgerichte über die Maßen hin belastet.

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Bericht von der Mitgliederversammlung des Paritätischen Gesamtverbandes

Am 27. April 2023 hatte der Vorsitzende von Humanitas Müritz e.V., Klaus Heidrich, die Möglichkeit, als Delegierter an der Mitgliederversammlung des Paritätischen Gesamtverbands in Berlin teilzunehmen. Der Vorsitzende Prof. Dr. Rolf Rosenbrock legte Rechenschaft über die Arbeit des letzten Jahres ab. Es gab auch einen Impulsvortrag von Lisa Neubauer, Fridays For Future. Ziel dieses Vortrages war ein Leitantrag des Vorstandes über eine sozial-ökologische Zukunft. Der Paritätische fordert eine sozial-ökologische Klimapolitik und ein ökologisches nachhaltiges Verhalten bei sich und seinen Mitgliedern. Dieses Ziel hat bei den Delegierten große Zustimmung erbracht.

Landtagsabgeordnete zu Gast im Computerkurs

Der Montag, 17.04.2023, war für unsere Computerkursteilnehmer im der Begegnungsstätte des Vereins Humanitas Müritz e.V. ein besonderer Tag.

Wir hatten Elke-Anette Schmidt zu Gast. Sie ist Mitglied im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und vertritt die Partei DIE LINKE. Die Anwesenden waren sich rege an der Diskussion beteiligt.

Ein Schwerpunkthema war die Mobilität im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte und dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Es war ein sehr informativer Vormittag.

Bundessozialgericht: Kosten für Begleitperson behinderter Menschen bei Urlaubsreisen erstattungsfähig

Das Bundessozialgericht hat in einer Entscheidung festgehalten, dass Menschen mit einer Behinderung, die zur Durchführung einer Urlaubsreise eine Begleitperson benötigen, die hierfür bedingten Mehrkosten durch den Träger der Eingliederungshilfe erstattet bekommen können. So werden vor allem Übernachtungskosten für die begleitende Person in angemessenem Rahmen durch die zuständige Behörde bezahlt, denn eine solche Reise gehört aus Sicht des Gerichts zur Freizeitgestaltung, die dem behinderten Menschen eine soziale Teilhabe ermöglicht. Erstattungsfähig sind jedoch ausschließlich die Reisekosten der Begleitperson, die anfallen, um das Ziel der Erholung für die gehandicapte Person entsprechend erreichen zu können. Allerdings muss Verhältnismäßigkeit bestehen, sodass der Leistungsträger durchaus prüfen kann, ob das Anliegen des behinderten Menschen gegebenenfalls auch auf andere, kostengünstigere Weise erzielt werden kann und damit die Beteiligung der Eingliederungsbehörde an den Mehrkosten entsprechend auf diese Alternative zu begrenzen ist.

Autor: Dennis Riehle, Sozialberater

Quelle: Urteil des BSG vom 19. Mai 2022 (aktuell veröffentlicht), Az.: B 8 SO 13/20 R